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Ökologische Sommerschulen

Environmental Strategies in Japan and Germany – Deutsch-Japanische Sommerschule in Nagasaki –

Mit welchen politischen Maßnahmen antworten Deutschland und Japan auf globale Umweltprobleme? Welche Strategien werden in beiden Ländern bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen angewandt? Auf welche Weise sind Strategien zur Nachhaltigkeit mit der Verbraucherebene verknüpft? Die Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen zum Umweltschutz und Umwelthandeln war Ziel der Deutsch-Japanischen Sommerschule, die vom 4. bis zum 17. September 2005 an der Staatlichen Universität Nagasaki stattfand.

Als binationales Kooperationsprojekt fand die diesjährige Sommerschule im Rahmen des Deutschlandjahres in Japan 2005/2006 statt. Sie gab etwa 30 Studierenden aus Halle und Nagasaki Gelegenheit, in einem anspruchsvollen und interdisziplinär angelegten Programm sich mit aktuellen Themen des Umweltschutzes in Japan und Deutschland vergleichend auseinanderzusetzen. Die Sommerschule bildet damit eine Fortführung der Ökologischen Sommerschule 2004 in Halle. Unter Leitung von Prof. Dr. Gesine Foljanty-Jost (Seminar für Japanologie) und mit großzügiger finanzieller Unterstützung des DAAD fand dieses Projekt mit der Umweltwissenschaftlichen Fakultät der Universität Nagasaki einen hervorragenden Gastgeber. Die Sommerschule war in Vorlesungen, Exkursionen und Arbeitsgruppen aufgeteilt.

Diskutiert wurden das Konzept der Nachhaltigen Entwicklung und Strategien zu dessen Umsetzung, die Implementierung effektiver Umweltpolitik unter Berücksichtigung nationaler Besonderheiten sowie Handlungsstrategien für Umwelt orientiertes Verbraucherverhalten. Wissenschaftliche Beiträge aus den Umweltwissenschaften, der Japanologie, Politikwissenschaft, Psychologie und Soziologie ermöglichten intensive Einblicke in die Denk- und Handlungsweisen des jeweils anderen Landes. Im Einzelnen gab es von japanischer und deutscher Seite Vorträge zu folgenden Themen:

  • „Environmental Policy in Germany and Japan – A Comparative View“ (Prof. Dr. Gesine Foljanty-Jost/Prof. Dr. Takashi Hayase),
  • „Sustainable Development: Concept, Strategies, and Implementation“ (Dr. Axel Müller),
  • „Environmental Policy in Germany – An Overview“ (Prof. Dr. Gesine Foljanty-Jost),
  • „Cooperative Structures in Environmental Communication. A Changing Relationship between Companies and Environmental NGOs in Japan?” (Susanne Brucksch, M.A.),
  • „Sustainable Japan: Basic Guidelines and Topics” (Prof. Takahiro Ono),
  • „Sustainable Germany: The Concept and Implementation” (Dr. Axel Müller),
  • „Promotion of Energy Saving in Japan” (Prof. Dr. Hiromichi Takita),
  • „Changing Behavior: Strategies Fostering Energy Conservation in Private Households” (Dr. Gundula Hübner),
  • „Life-styles and Environmental Awareness in Japan” (Prof. Hajime Yamakawa),
  • „Life-styles and Environmental Awareness in Germany” (Dr. Gundula Hübner).

Auf Basis der Vorlesungen lässt sich als Resümee festhalten, dass die Ansätze der Energiepolitik stark abhängig von nationalen politischen Akteurskonstellationen und Einflüssen ökonomischer Lobby-Gruppen sind und die Einbindung zivilgesellschaftlicher Akteure die Potenziale von Umsetzungsstrategien erhöht. Insgesamt bilden Japan und Deutschland im globalen Maßstab Vorreiter bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien.

Neben der theoretischen Auseinandersetzung bildete auch dieses Jahr die Betrachtung der praktischen Umsetzung von Umweltschutzstrategien einen integralen Bestandteil der Sommerschule. Die Studierenden erfuhren auf zwei Exkursionen Einzelheiten über Umweltschutzstrategien auf betrieblicher bzw. lokaler Ebene und deren vielfältige Verknüpfungen mit der staatlichen Politik und der lokalen Bevölkerung. Zum einen verdeutlichte das beispielhafte Energie- und Abwassermanagement des Themenparks „Huis ten Bosch“ den Teilnehmern Strategien zu effektiver Ressourcennutzung. Zum anderen führte der Weg in die Bucht von Isahaya, wo die negativen ökologischen Folgen der Neulandgewinnung seit Jahren einen der umweltpolitischen Brennpunkte Japans darstellen. Gespräche mit Betroffenen vor Ort aus der Fischerei- und Schiffsbauindustrie sowie Umweltaktivisten waren Anlass für intensive Diskussionen unter den deutschen und japanischen Studierenden über die Komplexität nachhaltiger Regionalentwicklung.

Darüber hinaus wurde der wissenschaftlichen Erarbeitung praktischer Fragestellungen, die einen intensiven Bezug zu der aktuellen Situation in der Präfektur Nagasaki aufweisen, in drei binationalen Arbeitsgruppen Augenmerk zugemessen. Die Arbeitsgruppen stellten ihre Ergebnisse in einer gemeinsamen Abschlusspräsentation vor.

  • Eine Arbeitsgruppe befasste sich unter Anleitung von Dr. Axel Müller (Institut für Soziologie) mit den Nutzungspotenzialen Erneuerbarer Energien und untersuchte anhand des Beispiels der Windkraft, welche Chancen und Hemmnisse für diese Form der Energienutzung in Japan bestehen. Aus der Literaturrecherche, einem Interview mit einem Planungsunternehmen für Windkraftanlagen und der Auswertung öffentlicher Statistiken wurden Daten gesammelt. Aus diesen lässt sich schließen, dass sich für diese Form der Erneuerbaren Energien in Japan aufgrund der geografischen Gegebenheiten nur wenige Chancen bieten. Allerdings stellen Off-Shore-Windparks eine Alternative da, die bisher noch nicht ausgeschöpft ist.
  • Die zweite Gruppe erarbeitete unter Anleitung von Susanne Brucksch, M.A. (Seminar für Japanologie) das Thema „An Emerging Partnership between Environmental NGOs, Business Entities and Administration in the Range of Environmental Protection? A Study of the Contemporary Situation in Nagasaki Prefecture“. Den Ausgangspunkt bildete die Lektüre eines theoretischen Basistextes, der das Prinzip der Partnerschaft zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Akteuren als essentielle Voraussetzung für einen erfolgreichen Umweltschutz betrachtet. Die Studierenden entwarfen auf Grundlage dieses Textes Fragen für Interviews mit einer lokalen Umwelt-NGO, einem Großunternehmen und Vertretern der öffentlichen Verwaltung. Als Ergebnis aus dem Vergleich zwischen normativ-theoretischen Anspruch und der realen Situation in der Präfektur Nagasaki lässt sich feststellen, dass Ansätze zu einer Partnerschaft zwischen öffentlicher Verwaltung und lokalen Umweltgruppen bestehen, aber von einer dreiseitigen Kooperationsbeziehung zwischen Verwaltung, Unternehmen und Umwelt-NGOs vorläufig noch nicht die Rede sein kann. Als ein wichtiger Grund kristallisierten sich die fehlende Fähigkeit vieler Umweltgruppen zur Ressourcenakquirierung und ihre weiterhin oppositionelle Haltung gegenüber Unternehmen heraus.
  • Die dritte Arbeitsgruppe, angeleitet von Dr. Gundula Hübner (Institut für Psychologie), studierte Fragen zur Förderung des individuellen, Umwelt orientierten Verbraucherverhaltens. Die Arbeitsgruppe versuchte, aus Sicht der Umweltbewusstseinsdebatte, Strategien zur Mobilisierung der lokalen Bevölkerung für die Problematik der Isahaya-Bucht zu formulieren. Eine Umfrage unter Passanten in Nagasaki brachte zutage, dass das Wissen um die dortige Problemlage zwar existiert, es aber an der Bereitschaft für ein aktives Engagement mangelt. Die Arbeitsgruppe entwickelt daraufhin Strategien zur Mobilisierung einer Unterstützerbewegung. Neben konkreten Vorschlägen zum Sponsoring und Öffentlichkeitsarbeit weckte die Produktion des Isahaya-Songs das Interesse der japanischen Partner sowie der Presse ( „Let’s Dance in Isahaya-Bay!“).

Die nun bereits mehrjährigen Erfahrungen zeigen, dass durch binationale Sommerschulen interkulturelles und interdisziplinäres Denken und Handeln erfolgreich umgesetzt werden kann und für deutsch-japanische Kooperationsprojekte hervorragende Voraussetzungen schafft.

Die Sommerschule soll 2007 in Halle fortgesetzt werden.

Susanne Brucksch, Seminar für Japanologie
Axel Müller, Institut für Soziologie

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